Demokratie (er)leben!

 

Plenarsaal statt Pausenhof: Bundestagsflair am LWG

Ganze 516 Kilometer Luftlinie trennen das Leonhard-Wagner-Gymnasium vom deutschen Bundestag. Bei dieser Entfernung ist es nicht verwunderlich, dass Politik oftmals weit weg und kompliziert wirkt. Um diesem Problem entgegenzuwirken, haben sich diverse Schülerinnen und Schüler des LWGs unter der Leitung von Frau Julia Zobel für das Projekt „Demokratie (er)leben“ zusammengeschlossen.
Herzstück des Planspiels war eine Bundestagsdebatte zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehr- und Dienstpflicht – ein Thema, das nicht nur gesellschaftlich, sondern auch für die Jugend selbst von besonderer Relevanz ist. Mit viel Engagement bereitete das Planungsteam, koordiniert und federführend geleitet vom Projektinitiator Erik Gruner, die Debatte vor, die am 16. Juli 2025 in der Mensa des Gymnasiums stattfand.

Schon beim Betreten des Raums war klar: Hier wurde mit Liebe zum Detail gearbeitet. Die Mensa war in einen verkleinerten Plenarsaal verwandelt worden – mit originalgetreu arrangierten Fraktionssitzen und dem typischen Blau der Bundestagsbänke.
Beinahe pünktlich um 8:45 Uhr eröffnete der ehemailge Schulleiter Alexander Pfaffendorf die Veranstaltung. Er lobte den Einsatz der Schülerinnen und Schüler und betonte die Bedeutung demokratischer Bildung. Anschließend übernahm das Präsidium: Bundestagspräsidentin Annika Manger und ihr Stellvertreter Valentino Unterstab begrüßten die „Abgeordneten“, kontrollierten die Anwesenheit – und schon konnte die Sitzung beginnen.
Ein besonderes Highlight war der Besuch zweier echter Bundestagsabgeordneter: Dr. Florian Dorn (CSU) und Heike Heubach (SPD) stellten sich nicht nur vor, sondern gaben Impulsstatements zum Debattenthema und beantworteten Fragen der Schüler. So erhielten die Teilnehmer einen direkten Einblick in politische Entscheidungsprozesse – aus erster Hand.

Im Nu waren die ersten beiden Stunden des Projekts vorbei und der Pausengong erschallte. Nach einer kurzen Stärkung übergaben die Profis nun an all die Schülerinnen und Schüler, sodass die eigentliche Debatte starten konnte. Wie auch bei einer echten Sitzung begannen alle Fraktionen mit einer Eröffnungsrede. Den Start machte dabei Katharina Schäfer von der CDU/CSU Fraktion. Sie stellte klar, dass die Union hinter einer Reaktivierung des Wehrdienstes sowie einem allgemeinen Dienstjahr stehe. Gründe dafür seien die veränderte internationale Sicherheitslage, eine Eindämmung des Arbeitskräftemangels in systemrelevanten Bereichen sowie einer Chance zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit.
Auch Anna-Lena Vogg, Vorsitzende der AfD, sprach sich für die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht aus. So sei die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ein sicherheitspolitischer Fehler gewesen. Deutschland müsse laut AfD wieder in seiner Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden. Anders sehen dies die Sozialdemokraten. Anna Willutzki (SPD) plädierte für ein freiwilliges Dienstmodell, um Grundrechte zu wahren und soziales Engagement zu fördern. Valentina Müller (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich ebenfalls gegen eine Pflicht aus und verwies auf fehlende Ressourcen sowie die fragliche Wirksamkeit. Das Schlusswort hatte schließlich Leon Gerlinger, Vorsitzender der Linken. Er betonte, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht zu einer zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft führen könne. Stattdessen bräuchte es einen generellen Paradigmenwechsel der Sicherheitspolitik – hin zu zivilen Friedensmissionen, Deeskalation und Abrüstung.
 
Die Debatte entwickelte schnell Dynamik. Zwischenrufe, Gegenreden und spontane Reaktionen sorgten für authentische Parlamentsatmosphäre. Auch im Publikum wurde angeregt diskutiert. Drei weitere Schulstunden vergingen und schließlich musste ein Ergebnis gefunden werden. Wie im Berliner Reichstagsgebäude wurde also schließlich auch in Schwabmünchen abgestimmt. Mit einer knappen Mehrheit wurde die allgemeine Wehr- und Dienstpflicht schließlich beschlossen.
Damit endete nicht nur der politische Schlagabtausch, sondern auch ein Tag an dem die Schülerinnen und Schüler Politik hautnah leben und erleben konnten.

Annika Dietmayer

Bilder: © Erik Gruner

KOE